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Wie Hersteller mit Pure-Playern umgehen sollen – Interviewreihe 3 von 4 mit Prof. Dr. Gerrit Heinemann

von Markus Fost am 2. Februar 2015

Prof. Dr. Gerrit Heinemann studierte Betriebswirtschaftslehre in Münster und promovierte als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marketing bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert. Er begann seine außer-universitäre Laufbahn als Zentralbereichsleiter für Marketing bei der Douglas Holding AG, bevor er zur Kaufhof Warenhaus AG wechselte, dort ein Trainee-Programm nachholte und anschließend Warenhaus-geschäftsführer wurde. Als Zentralgeschäftsführer der Drospa Holding kehrte er zurück zur Douglas-Gruppe, wechselte dann zur internationalen Unternehmensberatung Droege & Comp. und führte dort das „Competence Center Handel und Konsumgüter“. 2005 erhielt Heinemann einen Ruf an die Hochschule Niederrhein, wo er das eWeb-Research-Center leitet und die Fächer Betriebswirtschaftslehre, Management und Handel lehrt. Er ist Autor mehrerer Fachbuch-Bestseller zu E-Commerce-Themen und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der buch.de internetstores AG.

Markus Fost: Pure-Player wie Amazon können für einen Hersteller Fluch und Segen zugleich sein. Derartige Marktplätze dominieren die E-Commerce Landschaft zunehmend. Die Entscheidung Amazon als Hersteller direkt zu beliefern, bietet wohl die höchsten Umsatzchancen im E-Commerce. Gleichermaßen begibt sich der Hersteller damit in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis und steuert damit auf den „point of no return“ zu. So wurde Amazon für viele Markenhersteller aus dem Stand heraus der größte Kunde in Deutschland. Der Umgang mit Pure-Playern ist in Bezug auf die Online-Umsatzchancen eines Markenherstellers eines der wichtigsten Elemente einer E-Commerce-Strategie.

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: Richtig, Amazon bietet die größten Umsatzchancen, allerdings auch die größten Risiken bis hin zu einer faktischen Abhängigkeit, die in zahlreichen Branchen schon allgegenwärtig ist. Pure-Player bzw. Marktplätze sehe ich nicht als das wichtigste Element einer E-Commerce-Strategie. Ich würde jedoch sagen, dass die Einschätzung über den richtigen Umgang mit Portalen und Marktplätzen ein sehr wichtiges Element jeder E-Commerce-Strategie für eine Marke sein sollte. Dies geht jedoch über reine Pure-Play-Konzepte hinaus. Hier kann ein Markenhersteller ggf. mit Wettbewerbern erwägen, als Option einen eigenen Marktplatz zu gründen. Aktuell tut dies jedoch noch kein Hersteller, da ein solches Modell einen hohen E-Commerce-Reifegrad voraussetzt.

Markus Fost: Welche Vorgehensweise empfehlen Sie Herstellern hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit Amazon?

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: Hinsichtlich Amazon empfehle ich eine kontrollierte Zusammenarbeit, in welcher der Hersteller die Intensität bestimmt. Wichtig ist, dass Hersteller sich der Gefahren durch Amazon bewusst sind und wissen, wie damit umzugehen ist.

Markus Fost: Halten Sie eBay bzw. einen eBay-Markenshop für einen geeigneten Marktplatz für Hersteller?

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: eBay halte ich für einen geeigneten Marktplatz für Markenhersteller, da eBay stark in die Richtung Markenshops expandiert und Preiserosionen dort nicht im Fokus stehen werden. Obwohl der Aufwand, auf eBay zu verkaufen, im Vergleich zu Amazon höher ist, sehe ich eBay-Markenshops als absolut empfehlenswerte Plattform für Hersteller und Markenanbieter.

Markus Fost: Die disruptiven Veränderungen der Konsumenten und Medienlandschaften führen dazu, dass die Beschaffung von Gebrauchs- und Konsumgütern zunehmen über das Internet erfolgt. Während viele Hersteller mit einer klassisch stationären Handelsstruktur diesen Trend zwar feststellen, fürchten sie gleichermaßen die Sanktionen des Handels. Hersteller, die keine Lösung dieser Problematik haben, werden unweigerlich Marktanteile verlieren.

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: Sehe ich genauso.

Markus Fost: Wie können Hersteller dem Dilemma der vorgenannten These entgegentreten?

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: Hier empfehle ich Herstellern mit genügend Selbstbewusstsein, proaktiv auf das Thema E-Commerce zuzugehen. Darüber hinaus ist dies auch ein Test für die Stärke einer Marke. Der Hersteller sollte im E-Commerce- Terrain die Führung übernehmen und den Handel dabei unterstützen. Keinesfalls sollte sich ein Hersteller auf die E-Commerce-Kompetenz seiner Händler verlassen. Hinsichtlich möglicher Sanktionen für E-Commerce-Strategien der Hersteller zeigt mir die Erfahrung, dass die Ängste der Hersteller häufig nicht berechtigt waren. Wichtig ist es, dass der Hersteller die E-Commerce-Strategie gegenüber dem Handel offen kommuniziert. Hier empfiehlt es sich als Hersteller, dem Handel eine beratungsorientierte Information zur E-Commerce-Strategie zu geben.

Markus Fost: Im Rahmen welcher Organisationsform empfehlen Sie Herstellern die Eingliederung des Bereichs E-Commerce?

Prof. Dr. Gerrit Heinemann: E-Commerce ist und bleibt Chefsache. Insofern muss die Abteilung direkt der Geschäftsleitung unterstellt sein. Einige Unternehmen beginnen bereits damit, das Vorstandsressort E-Commerce zu schaffen. Dieses Ressort kann aus meiner Sicht nicht erfolgreich in die Organisation delegiert werden, sodass ich jedem Vorstandsvorsitzenden empfehle, dieses Ressort aufzugreifen.

Quelle: Markus Fost, E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen, Springer-Gabler (2014)

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