Navigation
Navigation: Home > News > Handelsverträgliche E-Commerce Strategien für Hersteller – Interviewreihe 4 von 4 mit Dr. Georg Wittmann

Handelsverträgliche E-Commerce Strategien für Hersteller – Interviewreihe 4 von 4 mit Dr. Georg Wittmann

von Markus Fost am 15. Dezember 2014

Dr. Georg Wittmann, Dipl.-Kfm., studierte von 1997 bis 2002 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg mit den Schwerpunkten Bankinformatik, Finanzierung und Statistik. Von 1999 bis 2002 war er nebenberuflich im Business Development/Marketing bei Consors Discount-Broker tätig. Nach Abschluss seines Studiums war er bis 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bankinformatik an der Universität Regensburg. Seit 2005 ist er Senior Consultant und Projektleiter bei ibi research an der Universität Regensburg.

Markus Fost: Viele Hersteller formulieren eine „handelsverträgliche Wachstumsstrategie“ als ihr Ziel im E-Commerce. Welchen Betriebstypen schlagen Sie einem Hersteller vor, um mit vertretbaren Kanalkonflikten bestmöglich am E-Commerce- Wachstum partizipieren zu können?

Dr. Georg Wittmann: Hinsichtlich der Betriebstypen empfehle ich Herstellern den Solution Provider mit erweiterten Kaufargumenten wie einem Installationsservice, also der Vernetzung der Produktlieferung mit erweiterten Dienstleistungen, die in Bezug zum Produkt relevant sein können. Dem angeschlossenen Händlernetzwerk könnte der Hersteller zudem ein Bestellterminal für sein Ladenlokal zur Verfügung stellen, damit Endkunden die Ware, die der Händler nicht verfügbar hat, direkt online beim Hersteller bestellen können und diese zu ihnen nach Hause gesendet wird. Auf diesem Weg lassen sich Händler in die E-Commerce-Strategie der Hersteller einbinden.

Markus Fost: E-Commerce senkt die Transaktionskosten des Abnehmers bzw. des Kunden. E-Commerce kann die Transaktionskosten des Herstellers senken. Voraussetzungen hierfür sind jedoch rationelle Prozesse sowie eine skalierbare, kosteneffiziente IT-Landschaft, die der Dynamik standhält. Die Systeme der IT-Landschaft sind für Hersteller daher ein kritischer Erfolgsfaktor im Hinblick auf deren E-Commerce- Strategie.

Dr. Georg Wittmann: Diese These kann ich bejahen. IT-Systeme sind ein kritischer Erfolgsfaktor. Der Online-Shop selbst und die dafür notwendige IT-Landschaft sind nur ein Baustein. Die große Herausforderung liegt darin, die bestehenden Systeme wie ERP, Logistik, CRM etc. mit der E-Commerce-Systemlandschaft zu verbinden. In vielen Fällen wird das E-Commerce-System als Insellösung integriert und zumeist noch mit dem ERP-System verknüpft. Bei den weiteren Anwendungen erfolgt jedoch zumeist keine Verknüpfung.

Markus Fost: Welche Optionen hinsichtlich der IT-Landschaft stehen Herstellern aus Ihrer Sicht zur Verfügung? Wo sehen Sie die jeweiligen Stärken und Schwächen der genannten Optionen?

Dr. Georg Wittmann: Bei dieser Entscheidung kommt der zeitlichen Komponente eine übergeordnete Bedeutung zu. Ein produzierendes Unternehmen, das über einen geringen E-Commerce-Reifegrad verfügt, sollte sich einen Generalpartner suchen, der nachweislich über umfangreiche Erfahrungen im E-Commerce verfügt und den Aufbau der Prozesse und der IT-Landschaft vornehmen kann. Langfristig macht es allerdings Sinn, viele IT-Systeme und Prozesse inhouse zu pflegen, außer es besteht ein sehr attraktives Outsourcing-Angebot mit niedrigeren Kosten als bei einer Inhouse-Lösung. Betrachtet man Branchengrößen wie Amazon oder Zalando, stellt man fest, dass sie sämtliche IT-Prozesse intern abbilden und dadurch besser an der kontinuierlichen Prozessoptimierung arbeiten können.

Markus Fost: Suchmaschinen determinieren den Nachfragerstrom im E-Commerce. Die Top-Platzierungen von Google stellen die 1a-Lage des stationären Handels im Internet dar. Demzufolge hat das Thema SEO und Contentqualität für Hersteller eine besonders hohe Relevanz im Hinblick auf die erfolgreiche Positionierung ihrer Marke im Internet. Dieses Ziel zu erreichen, wird zunehmend komplexer und kostspieliger.

Dr. Georg Wittmann: Dieser These stimme ich zu. Das SEOFeld unterliegt zudem einer sehr hohen Dynamik. Durch die letztjährigen Google Updates Pinguin und Panda wurde der semantische Suchalgorithmus derart verändert, dass gesamte Geschäftsmodelle gekippt wurden. Das Thema Content-Marketing, also durch Textinhalte auf der eigenen Seite zu glänzen, wird zunehmend wichtiger und auch kostspieliger. Welche Veränderungen die kürzlich eingeführten Services wie Google + und GoogleShopping nach sich ziehen werden, wird noch zu beobachten sein. Während es früher für Google nachrangig war, welche Qualität die Stammdaten eines Herstellers hatten, bestimmten diese heutzutage zunehmend das Ranking der Suchmaschine. Demzufolge erfordert Suchmaschinenoptimierung ein hervorragendes Content-Marketing und „Storytelling“ auf der eigenen Webseite. Eine tolle Produktbeschreibung alleine ist heutzutage nicht mehr ausreichend. Vielmehr ist es erforderlich, eine Geschichte um das Produkt herum darzustellen.

Markus Fost: Welche Content-/SEO-Strategie empfehlen Sie produzierenden Unternehmen? Gibt es aus Ihrer Sicht Alternativen zu dieser Strategie?

Dr. Georg Wittmann: Ich würde empfehlen, sich hinsichtlich der Google- Anforderungen permanent aktuell zu halten. Es sollte versucht werden, Mehrwerte durch den Text zu generieren. Aus Gesichtspunkten der Differenzierung sollten neben dem textlichen Suchmaschinenmarketing auch die zusätzlichen Elemente wie Google + bzw. Social Marketing im Allgemeinen, aber auch Videomarketing durch YouTube berücksichtigt werden. Gerade bei Markenherstellern empfiehlt sich diese Strategie. Letztendlich ist es nebensächlich, ob der Kunde auf die Webseite oder das Video bzw. Bild eines Herstellers klickt. Wichtig ist, dass der Kunde über seine Suchanfrage zum Ziel kommt und beim Markenhersteller landet.

Markus Fost: Stationär geprägten Herstellern fehlt häufig das Gespür für das E-Commerce-Geschäft. Für die Etablierung eines erfolgreichen E-Commerce-Absatzkanals im Unternehmen ist eine dafür eigens geschaffene E-Commerce-Organisationseinheit elementar.

Dr. Georg Wittmann: Würde ich so nicht pauschal unterschreiben. Aus meiner Sicht ist eine eigene E-Commerce-Organisationseinheit nicht zwingend erforderlich. Zunächst ist es wichtig, dass das Management erkennt, dass der E-Commerce-Kanal zunehmend wichtiger wird, und einschätzen kann, welche Möglichkeiten mit einem bestimmten Budget überhaupt zur Verfügung stehen. Häufig ist es der Fall, dass das Management von Unternehmen, die noch keine Berührungspunkte mit E-Commerce hatten, überhaupt nicht einschätzen kann, welche Budgets für bestimmte Maßnahmen erforderlich sind. Nachdem das Management diesen Prozess durchlaufen hat und ein Verständnis von E-Commerce erhalten hat, kann im späteren Ergebnis durchaus eine E-Commerce-Organisationseinheit herauskommen. Jedoch sehe ich dies als zweiten Schritt.

Quelle: Markus Fost, E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen, Springer-Gabler (2014)

Jetzt verfügbar! Das Buch “E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen” von Markus Fost. Das Werk liefert einen hervorragenden Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion in Wissenschaft und Praxis und richtet sich an Unternehmenslenker und Manager aus diversen Bereichen wie Vertrieb, Marketing, Business Development, etc.

Vorheriger Beitrag:

Nächster Post: