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Wie Hersteller mit Pure-Playern umgehen sollen – Interviewreihe 3 von 4 mit Dr. Georg Wittmann

von Markus Fost am 8. Dezember 2014

Dr. Georg Wittmann, Dipl.-Kfm., studierte von 1997 bis 2002 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg mit den Schwerpunkten Bankinformatik, Finanzierung und Statistik. Von 1999 bis 2002 war er nebenberuflich im Business Development/Marketing bei Consors Discount-Broker tätig. Nach Abschluss seines Studiums war er bis 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bankinformatik an der Universität Regensburg. Seit 2005 ist er Senior Consultant und Projektleiter bei ibi research an der Universität Regensburg.

Markus Fost: Pure-Player wie Amazon können für einen Hersteller Fluch und Segen zugleich sein. Derartige Marktplätze dominieren die E-Commerce-Landschaft zunehmend. Die Entscheidung, Amazon als Hersteller direkt zu beliefern, bietet wohl die höchsten Umsatzchancen im E-Commerce. Gleichermaßen begibt sich der Hersteller damit in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis und steuert damit auf den „point of no return“ zu. So wurde Amazon für viele Markenhersteller aus dem Stand heraus der größte Kunde in Deutschland. Der Umgang mit Pure-Playern ist in Bezug auf die Online-Umsatzchancen eines Markenherstellers eines der wichtigsten Elemente einer E-Commerce-Strategie.

Dr. Georg Wittmann: Dadurch, dass Amazon der größte Player im Markt ist, stellt dieser auch den größten Umsatzhebel dar. Ich bin der Meinung, dass Amazon für viele Produkte und Hersteller ein guter Weg sein kann, sofern sich der Hersteller diesen Weg hinsichtlich der Margen leisten kann. Für ein produzierendes Unternehmen, das bislang keine E-Commerce-Erfahrung hat, ist der Einstieg über Amazon, eBay und andere Plattformen recht einfach und stellt daher eine Möglichkeit dar, sehr schnell Umsätze zu generieren. Kurzfristig halte ich es daher für sinnvoll, ein Engagement mit Amazon einzugehen, sofern es die Marge des Herstellers möglich macht, und stimme daher dieser These zu. Langfristig muss ein Hersteller abwägen, welchen Einfluss diese Partnerschaft auf das Pricing hat und ggf. nachsteuern, so, wie das bei Adidas der Fall ist.

Markus Fost: Welche Vorgehensweise empfehlen Sie Herstellern hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit Amazon?

Dr. Georg Wittmann: Ich empfehle in den meisten Fällen die Nutzung des Marketplaces, da sich hier bessere Margen erzielen lassen und die Lernkurve für den Hersteller am steilsten ist, da er die Prozesshoheit behält. Sofern sich dies prozessual oder hinsichtlich der Ressourcen nicht sinnvoll darstellen lässt, empfehle ich die direkte Belieferung von Amazon. Jedem Unternehmen empfehle ich allerdings, die AGBs und Prozessabläufe, die Amazon von Herstellern fordert, detailliert zu analysieren, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Bei einer direkten Belieferung von Amazon bestehen oftmals im Nachhinein dadurch Probleme mit dem stationären Handel, dass Amazon sehr preisaggressiv vorgeht. Dies ist auch der Grund, weswegen ich die Nutzung des Amazon Marketplace präferiere, da der Hersteller in diesem Modell die Preisgestaltung selbst übernimmt.

Markus Fost: Halten Sie eBay bzw. einen eBay-Markenshop für einen geeigneten Marktplatz für Hersteller?

Dr. Georg Wittmann: Ja, allerdings hängt dies aus meiner Sicht stark vom Produkt ab. Ein Hersteller sollte daher vorher genau analysieren, ob eBay genügend Nachfrager für das jeweilige Produkt aufweist. Sofern dies der Fall ist, halte ich auch eBay für einen geeigneten Absatzkanal für Hersteller. Ähnlich wie auch bei der Eröffnung eines eigenen Online-Shops ist es auch hier wichtig, die Händler darüber proaktiv zu informieren.

Markus Fost: Die disruptiven Veränderungen der Konsumenten und Medienlandschaften führen dazu, dass die Beschaffung von Gebrauchs- und Konsumgütern zunehmend über das Internet erfolgt. Während viele Hersteller mit einer klassisch stationären Handelsstruktur diesen Trend zwar feststellen, fürchten sie gleichermaßen die Sanktionen des Handels. Hersteller, die keine Lösung dieser Problematik haben, werden unweigerlich Marktanteile verlieren.

Dr. Georg Wittmann: Dieser These stimme ich zu, da dieser Trend klar ersichtlich ist. Gerade Verbände versuchen momentan, auf diese Kanalverschiebung zu reagieren. So bietet beispielsweise Intersport den Händlern hierfür Lösungen an, indem eine zentrale Plattform geschaffen wurde, in der die Händler eingebunden sind. Ein Verband in der Möbelbranche erstellt momentan einen zentralen Shop, in dem die Verbandsmitglieder integriert werden und der Kunde seine Online-Bestellung in allen angeschlossenen Möbelhäusern abholen kann.

Markus Fost: Im Rahmen welcher Organisationsform empfehlen Sie Herstellern die Eingliederung des Bereichs E-Commerce?

Dr. Georg Wittmann: Sicherlich ist es notwendig, eine Person zu bestimmen, die das Thema E-Commerce verantwortet und in diesem Kontext auch die Entscheidungskompetenz zugesprochen bekommt. Diese Person sollte direkt der Geschäftsleitung unterstellt sein. Hinsichtlich der organisationalen Eingliederung in das Unternehmen ist es möglich, das E-Commerce-Team im Vertrieb oder Marketing einzubetten. Es spricht allerdings auch vieles dafür, mittelfristig hierfür eine eigene Organisationseinheit zu schaffen, da die Themenvielfalt doch sehr breit angesiedelt ist. Wichtig ist es, dass das E-Commerce-Team mit Spezialisten aus den Kernbereichen, nämlich dem Vertrieb, Marketing und der IT-Abteilung, besetzt wird.

Quelle: Markus Fost, E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen, Springer-Gabler (2014)

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