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E-Commerce Geschäftsmodelle zwischen Handel und Hersteller – Interviewreihe 1 von 4 mit Marcus Diekmann

von Markus Fost am 27. Oktober 2014

Marcus Diekmann ist Mitgesellschafter und Geschäftsführer von SHOPMACHER eCommerce für Marken. SHOPMACHER konzentriert sich auf die wichtigen Kernthemen, die für Marken und Multi-Channel-Händler relevant sind, wenn diese im E-Commerce erfolgreich arbeiten wollen. Das beginnt bereits vor der eigentlichen Konzeption und Umsetzung eines Online-Shops mit der betriebswirtschaftlichen und prozessorientierten Beratung der Unternehmen. Zusätzlich deckt SHOPMACHER die Bereiche Design und technische Umsetzung ab und betreut hier unter anderem den Schwab-Versand, Matratzen Concord, Schiesser, Zippo, Jones Fashion und Hülsta.

Markus Fost: Kooperative E-Commerce-Geschäftsmodelle zwischen Handel und Hersteller stellen die einzige handelsverträgliche E-Commerce-Strategieoption für substituierbare, produzierende Unternehmen mit einer stationären Handelsstruktur dar, die nicht mit dem Risiko behaftet ist, temporär massiv Umsatz im stationären Handel zu verlieren.

Marcus Diekmann: Das glaube ich nicht. Hier muss innerhalb der Herstellertypen differenziert werden. Ich sehe kooperative E-Commerce-Geschäftsmodelle als temporäres Phänomen, das langfristig jedoch auch von Herstellern nicht gewünscht sein wird. Der mutigere Schritt für Hersteller wäre, bereits gegenwärtig einen Direktvertrieb aufzubauen. Ich denke, dass ein nicht-preisaggressiver Flagshipstore des Herstellers handelsseitig akzeptiert wird und nicht zu Umsatzeinbrüchen führen wird. Dies ist natürlich abhängig von der Markenposition des Herstellers. Ich denke, dass es bei einem solchen Schritt gleichzeitig auch erforderlich ist, in die Marke zu investieren und eine proaktive Kommunikationsstruktur mit dem Handel aufzubauen.

Markus Fost: Welches E-Commerce-Geschäftsmodell schlagen Sie einem Hersteller aus einer Branche mit einem niedrigeren E-Commerce-Reifegrad vor, die von einer stationären Fachhandelslandschaft dominiert wird?

Marcus Diekmann: Ein solcher Hersteller sollte mit einem Produkt-Showroom auf seiner eigenen Webseite beginnen. Da ein solcher Hersteller bislang über keine E-Commerce-Strukturen verfügt, sollte er diesen Schritt nutzen, um Kompetenz hinsichtlich der Online-Produktlistung und Darstellung zu erlangen. Dies erfordert bereits eine Umstellung der Prozesse, da Anforderungen hinsichtlich der Contenterstellung, Fotografie der Produkte etc. entstehen. Darüber hinaus sollte ein solcher Hersteller beginnen, Highlight und Zubehörartikel sowie Restanten online zu veräußern. Dieses Stufenkonzept sieht in einem nächsten Schritt vor, die Produkte über Marktplätze zu verkaufen. Ein Geschäftsmodell, das den Online-Shop an den Handel auslagert, sehe ich als veraltet an, da dieses nicht zu nachhaltigem Erfolg führen kann und der Hersteller früher oder später beginnen muss, E-Commerce-Kompetenz im Unternehmen auszubauen.

Markus Fost: Gibt es aus Ihrer Sicht neben kooperativen E-Commerce-Geschäftsmodellen weitere strategische Optionen, die ein Hersteller in Erwägung ziehen kann, ohne zugleich ein unkalkulierbares Risiko einzugehen, temporär massive Umsatzrückgänge durch stationäre Auslistungen hinzunehmen?

Marcus Diekmann: Ich denke, dass ein nicht-preisaggressiver Flagshipstore des Herstellers handelsseitig akzeptiert wird und nicht zu Umsatzeinbrüchen führen wird. Dies ist natürlich abhängig von der Markenposition des Herstellers. Ich denke, dass es bei einem solchen Schritt gleichzeitig auch erforderlich ist, in die Marke zu investieren und eine proaktive Kommunikationsstruktur mit dem Handel aufzubauen.]

Markus Fost: Wenn Sie ein zusammenfassendes Resümee ziehen, welche strategischen Handlungsoptionen haben sich bei Markenherstellern mit einer vorwiegend stationär ausgeprägten Handelslandschaft als besonders erfolgreiche E-Commerce- Strategie erwiesen?

Marcus Diekmann: Es sollte von Beginn an darauf geachtet werden, welche Händler die Produkte des Herstellers online verkaufen dürfen. Darüber hinaus sollten auch online – ähnlich wie im stationären POS – Auflagen geschaffen werden, die sicherstellen, dass die Produkte des Herstellers auch online richtig gut präsentiert werden. Diese Auflagen sollten durchaus hoch sein, sodass ggf. nur einige wenige Händler die Produkte online führen, sodass ermöglicht wird, dass online keine reine Preisdifferenzierung stattfindet. Zudem sollte der Hersteller mit einem Flagshipstore selbst in den Online-Vertrieb einsteigen. Hierbei muss aber sichergestellt werden, dass die Prozesse, die Produktdarstellung und Markeninszenierung auf eine hervorragende Art und Weise erfolgen. Bei einem herstellereigenen Flagshipstore sollte es nicht darum gehen, dass hohe Umsätze hierüber erzielt werden, sondern die Prozesslandschaft dahin gehend ausgerichtet wird, dass Marktplätze wie Amazon und eBay bespielt werden können. Über letztere Kanäle sollten dann auch die E-Commerce-Umsätze des Herstellers erzielt werden. Ein solches Setup stellt für mich heutzutage die „State of the Art“-Lösung hinsichtlich einer erfolgreichen E-Commerce-Strategie dar.

Markus Fost: Mit welchen Risiken sehen Sie produzierende Markenhersteller hinsichtlich einer E-Commerce-Strategie konfrontiert und wie würden Sie diesen entgegentreten?

Marcus Diekmann: Risiken bestehen ganz klar in Konflikten mit dem bestehenden (stationären) Handel. Ein Hersteller hat allerdings in etwa ein Jahr Zeit von der Konzeptionsphase bis zur Implementierungsphase einer E-Commerce-Strategie, die er nutzen sollte, um ganz klar dem Handel zu kommunizieren, welche Schritte er wählen wird. Aus meiner Sicht ist dies auch die einzige Chance des Herstellers, die Risiken abzumildern, da es der Handel ohnehin feststellen wird. Darüber hinaus können die Händler auch in ein kooperatives E-Commerce-Geschäftsmodell integriert werden. Eine solche Partnerschaft sollte zwar mit hohen Auflagen versehen werden, stellt letztendlich jedoch eine faire Möglichkeit für den Handel dar, an der E-Commerce-Strategie des Herstellers zu partizipieren. Ein weiteres großes Risiko ist die Geschäftsführung, die oftmals bei entsprechendem Gegenwind des Handels zu schnell zurückrudert und dann die falschen Entscheidungen trifft. Wenn ein Hersteller mit einer solchen E-Commerce-Strategie beginnt, dann sollte es kein Zurück mehr geben. Ein solcher Rückzug kann konkludent auch dadurch erfolgen, dass für den Online-Auftritt des Herstellers keine Budgets mehr ausgegeben werden, worunter dann die Produktinszenierung leidet. Ein solches Vorgehen stellt für mich ein „Sterben auf Raten“ dar, mit einem ähnlich negativen Endergebnis.

Markus Fost: Welche Tipps und Empfehlungen können Sie produzierenden Unternehmen hinsichtlich derer E-Commerce-Strategie abschließend mit auf den Weg geben?

Marcus Diekmann: Es sollte beschlossen werden, dass ein Vorstands- oder Geschäftsleitungsmitglied verantwortlich für E-Commerce gemacht wird. Dieser muss sich mit der gleichen Leidenschaft um das Thema E-Commerce kümmern, wie er sich auch um die anderen Themen kümmert. Das ist die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg. Für die Anfangsphase sollte zudem ein kompetenter Dienstleister gesucht werden, der die Landschaft aufsetzt. Die relevanten Bereiche sollten jedoch nicht langfristig outgesourct werden. Stattdessen sollte ein eigenes E-Commerce-Know-how aufgebaut werden, um diese Bereiche mit einer eigenen Organisationseinheit bestreiten zu können.

Quelle: Markus Fost, E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen, Springer-Gabler (2014)

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