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Strategische Optionen für den Online-Markenauftritt – Interviewreihe 2 von 4 mit Dr. Georg Wittmann

von Markus Fost am 24. November 2014

Dr. Georg Wittmann, Dipl.-Kfm., studierte von 1997 bis 2002 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg mit den Schwerpunkten Bankinformatik, Finanzierung und Statistik. Von 1999 bis 2002 war er nebenberuflich im Business Development/Marketing bei Consors Discount-Broker tätig. Nach Abschluss seines Studiums war er bis 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bankinformatik an der Universität Regensburg. Seit 2005 ist er Senior Consultant und Projektleiter bei ibi research an der Universität Regensburg.

Markus Fost: Endverbraucher erwarten heutzutage das gesamte Produktportfolio eines Herstellers auf deren Online-Markenauftritt und möchten neben einer stationären Händlersuche auch online möglichst ohne Medienbruch zum Kaufabschluss gelangen.

Dr. Georg Wittmann: Diese These unterstütze ich grundsätzlich. Bei sehr beratungsintensiven oder hochwertigen bzw. hochpreisigen Produkten wird zum Teil ein Medienbruch akzeptiert, wie es beispielsweise in der Möbelbranche der Fall ist. In diesem Produktsegment kommt es bei einer reinen Online-Abwicklung häufig zu Reklamationen oder zusätzlichen Rückfragen nach dem Kaufabschluss. Bei hochpreisigen Artikeln existiert bei vielen Konsumenten der Wunsch nach einem haptischen Erlebnis. Letztendlich wird es jedoch so sein, dass die junge Generation, die mit dem Medium Internet aufwächst, die Einschränkungen, die das Medium Internet mit sich bringt, aufweicht.

Markus Fost: Welche sinnvollen strategischen Optionen stehen den produzierenden Herstellern hinsichtlich des Online-Markenauftritts zur Verfügung?

Dr. Georg Wittmann: Neben der Option, in diesem Bereich gar nichts zu tun, die ich nicht empfehlen kann, gibt es aus meiner Sicht drei wesentliche Optionen, die sinnvoll sind. Eine Option wäre, über einen eigenen Shop zu agieren, wie z. B. adidas oder Kärcher. Letzterer differenziert das Sortiment, indem die Home & Garden Linie über den eigenen Online-Shop direkt angeboten wird, während die Professional Line ausschließlich über den Fachhandel erhältlich ist und auf diesen verwiesen wird. Eine weitere Option wäre, von der Herstellerseite zu einem Online-Händler zu verweisen. Als dritte Option sehe ich die Möglichkeit, über Marktplätze zu verkaufen. Diese Optionen lassen sich auch als Mischform anwenden, indem beispielsweise bestimmte Teilsortimente auf Marktplätzen, direkt und über Händler zugleich angeboten werden.

Markus Fost: Das Internet sorgt für vollkommenere Märkte, vorwiegend durch eine hohe Preistransparenz. Demzufolge differenzieren sich viele Online-Anbieter primär über den Preis. Dies stellt insbesondere für Premium-Hersteller ein großes Problem dar.

Dr. Georg Wittmann: Diese These kann ich bestätigen. Die „Geiz ist geil“-Mentalität ist innerhalb der Produktsegmente unterschiedlich ausgeprägt. Letztendlich hängt die Preisstrategie jedoch davon ab, inwieweit der Hersteller dafür sorgt, dass die unverbindliche Preisempfehlung eingehalten wird bzw. die Produkte in den Markt drückt, sodass die Preise „verramscht“ werden. Dies ist beispielsweise im Bereich der Unterhaltungselektronik der Fall.

Markus Fost: Welche Methoden empfehlen Sie Markenherstellern, um Preiserosionen zu vermeiden?

Dr. Georg Wittmann: Ein Hersteller sollte ein kontinuierliches Monitoring der Internetpreise betreiben. Zudem gibt es eine Vielzahl an Unternehmen, die keine unverbindliche Preisempfehlung festgelegt haben. Dies ist aus meiner Sicht in jedem Fall erforderlich und sinnvoll, sofern die Produkte eine gewisse Wertigkeit haben. Ein Hersteller sollte ferner versuchen, sich über erweiterte Serviceleistungen, wie z. B. längere Garantieversprechen, Aufbau- oder Installationsservices, höhere Wartungstransparenz, Anleitungen etc., zu differenzieren.

Markus Fost: Hinsichtlich der Distributionsstrategien führt die Omnipräsenz auf allen Kanälen zu einem erhöhtem Preis- und Margendruck. Um diesen zu kompensieren, stehen Online-Offline-Pricing- sowie Produktportfolio-Strategien zur Verfügung. Marktplätze sorgen jedoch für weiter zunehmende Transparenz, sodass manchen Markenherstellern letztlich nur der Schritt in eine selektive Distribution bleibt.

Dr. Georg Wittmann: Diese These kann ich im Wesentlichen bestätigen. Bei Produkten, die preissensibel sind bzw. einem harten Preiskampf unterliegen, kann ich die These vollumfänglich bestätigen. Bei Produkten, die nicht preissensibel sind, die eine hohe Preistransparenz aufgrund von Produktnamen oder nicht vergleichbaren Produkteigenschaften haben, ist der Preis-und Margendruck weniger ein Thema. Bei diesen Produkten ist es auch weniger erforderlich, abweichende Online-/ Offline-Preise vorzunehmen. Bei Produkten, die hingegen sehr vergleichbar sind,sollten sich Markenhersteller intensive Gedanken hinsichtlich eines unterschiedlichen Online-/Offline-Pricings machen.

Markus Fost: Einige Markenhersteller, wie z. B. adidas und Kettler, haben kürzlich ein selektives Vertriebssystem zur Markenpflege eingerichtet, insbesondere, um dem Preisverfall aus Marktplätzen wie Amazon entgegenzutreten. Das Bundeskartellamt prüft aktuell die Zulässigkeit des Selektivvertriebs von adidas. Dieser Präzedenzentscheidung wird von vielen Herstellern mit Spannung entgegengesehen. Mit welchem Ausgang rechnen Sie und welche Option schlagen Sie kleineren Herstellern vor, die temporäre Umsatzeinbrüche – das Risiko, dass die Einführung eines solchen Systems mit sich bringt – nicht eingehen können?

Dr. Georg Wittmann: Aktuell ist es schwierig einzuschätzen, wie unsere Kartellhüter in dieser Angelegenheit entscheiden werden.

Quelle: Markus Fost, E-Commerce Strategien für produzierende Unternehmen, Springer-Gabler (2014)

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